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Interview

aus "Journal für den Orchideenfreund", Heft 4, 4.Quartal 1998,
Herausgeber: VDOF ev.


JOURNAL: Frau Netzer, wie sind Sie zu den Orchideen gekommen?

Eigentlich durch meinen Mann, Jürgen Netzer, den ich 1958 geheiratet habe. Ich bin damals in Mannheim und Umgebung zur Gärtnerin und Blumenbinderin ausgebildet worden und gleich anschließend, das war 1957, in den Betrieb meiner zukünftigen Schwiegereltern eingetreten, der 1932 gegründet worden ist.

Mein Schwiegervater kultivierte dort sogar schon einige Orchideen und hat danach mit der Vermehrung von Orchideen begonnen. Dazu legte er Samen auf den Töpfen der Mutterpflanzen aus. Sie begannen zu keimen und zu wachsen. Diese Methode brachte uns aber nur eine ganz ganze geringe Anzahl von Jungpflanzen,- damals war das Aussäen mit sterilem Nährboden noch nicht bekannt. In den 60er Jahren haben wir uns dann verstärkt mit der Vermehrung von Orchideen durch Aussaat, Teilung und später auch durch Meristeme beschäftigt.

JOURNAL: Was wurde speziell bei Ihnen vermehrt?

Mein Mann hatte damals schon Erfolg mit seinen eigenen Züchtungen. So hat er eine wunderschöne reinweiße Phalaenopsis mit einer weinroten Lippe gezogen. Auch Oncidium lanceanum, Oncidium microchilum und verschiedene Frauenschuhe, an die ich mich von den Namen her aber im Moment nicht erinnere.

JOURNAL
: Bekannt ist Ihr Mann aber für seine Neuentdeckungen!


Ja, das kam dadurch, daß er schon früh Orchideen importiert hat. In den 60iger und 70iger Jahren war das bei weitem nicht so schwierig wie heute. Ich kann mich noch erinnern, daß aus Thailand einmal an die 8000 Paphiopedilum callosum ankamen. In dieser Sendung hatte sich noch ein anderer Frauenschuh "versteckt", der bis dahin unbekannt gewesen ist. Mein Mann und Herr Schoser, der damals noch in Tübingen war, legten ihn deutschen Experten und in Kew Garden zur Identifikation vor. Es stellte sich heraus, das er wirklich neu war und er wurde nach seinem Entdecker, Herrn Sukhakul aus Thailand Paphiopedilum sukhakulii (siehe Kasten rechts) benannt.

Auch das Angraecum sesquipedale, der Stern von Madagaskar, hat mein Mann erfolgreich gezogen. Prof. Rauh hatte damals Samen aus Madagaskar mitgebracht und an verschiedene Botanische Gärten verteilt. Aber nur bei uns ist er gekeimt.

JOURNAL: Sie haben Ihre Gärtnerei von Mannheim nach Hornbach verlegt, welche Gründe gab es dafür?

Wir sind 1975 nach Hornbach bei Weinheim umgezogen und haben unsere heutige Gärtnerei eröffnet. Gründe für unseren Umzug waren zunächst einmal das trübe Wetter im Winter. Aber der wichtigste Grund war sicherlich die Vermeidung von Wasser- und Luftschäden an den Phalaenopsis. Wir hatten Anfang der 70er Jahre festgestellt, daß an nebligen Wintertagen an unserem Standort, in einem Stadtteil von Mannheim, die Äthylenkonzentration besonders hoch war. Dieses Gas hat an Cattleyen aber auch an Phalaenopsen zum vorzeitigen Welken geführt, und so unsere Existenz als Orchideengärtner bedroht. Das Mannheimer Wasser mit einer damaligen Härte von 27º dH tat ein Übriges.


JOURNAL
: Wo ist das Anzuchthaus geblieben?


Das ist heutzutage unser Orchideen-Café. Damals war es voll mit Flaschen. Als mein Mann 1978 verstorben ist, musste ich mich neu orientieren und so haben meine Kinder und ich die Flaschen alle rausgeräumt, einen Toilettenteil, und eine Terrasse angebaut und das Café eröffnet. Auf mein Büro habe ich auch verzichtet, dort ist jetzt die Küche. Das Labor haben wir ins Wohnhaus umgesiedelt.

JOURNAL: Wie kamen Sie darauf gerade ein Café zu eröffnen?

Damit jeder seine eigene Aufgabe hat. Wir haben vor 15 Jahren unser Orchideencafé eröffnet, es wird von meinem Sohn Martin und seiner Frau geführt. Meine Schwiegertochter Heidrun kann sehr guten Kuchen backen. Ihre Spezilität ist der "Oureweller-Äppelwoi-Kuche". Meine Tochter, die den Beruf der Gärtnerin gelernt hat, ist auch bei mir in Hornbach geblieben und steht mir in der Gärtnerei zur Seite.

JOURNAL: Ist das Café auch für private Feste zu mieten?

Ja, z.B. für Hochzeiten, Geburtstage, Konfirmationen oder Jubilaen.

JOURNAL: Heute haben Sie hauptsächlich Meristeme von z.B. Phalaenopsis, die Sie verkaufen. Gibt es noch Orchideen, die von Ihrem Mann stammen?

Es gibt noch einige Exemplare der Phalaenopsis "Netzer" und des Frauenschuhes "Netzer", aber die meisten davon habe ich verkauft.

JOURNAL: Es gibt auch Wildformen die den Namen NETZER tragen?

Ja, die von Dr. Senghas beschriebene netzerii (siehe Kasten rechts), sie ist aber nicht nach meinem Mann, sondern nach mir benannt.

JOURNAL: Frau Netzer, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 


Elfriede Netzer und Eva Hüller
Elfriede Netzer und
Tochter Eva Hüller
 

Bletia netzerii

"Es handelt sich um die erstbekannte Bletia aus der Dominikanischen Republik. Die Art gehört zu den wenigen Bletien mit einer nicht 3teiligen Lippe. Durch die spezifische Lippenform, die bis 1m langen Infloreszenzen, die sehr großen Blätter (bis 50x50cm), die sehr kräftigen Bulben (kugelig, bis 4x4cm groß) ist sie leicht kenntlich.

Etymologie: gewidmet Jürgen und Elfriede Netzer (Birkenau-Hornbach), verdienstvoller Orchideenbetrieb um Naturarten und Orchideenvermehrung, welche die Art erstmals zur Blüte brachten."

a
us: "Orchideen - Pflanzen der Extreme, Gegensätze und Superlative" von Karlheinz Senghas, 1993:

 

Paphiopedilum sukhakulii

"...Absonderlich ist, daß die Art weder im tropischen Regenwald noch in einer botanischen Spezialsammlung, sondern in einem Solinger Gartenbaubetrieb sowie im Schaufenster eines kleinen Genter Blumengeschäftes entdeckt wurde. In beiden Fällen hatten sich die Fremdlinge in einem Bestand von Paphio.callosum versteckt. Die Entdecker dieser Kostbarkeit, die Orchideenfreunde Fritzen und Netzer, übersandten das Pflanzenmaterial an Dr.G.Schoser (Ffm./Main) und Dr.K.Senghas (HD). Nach eifrigem Litaturstudium entpuppten sich die unbekannten Venusschuh-Exemplare als neue Art ... Nachforschungen ergaben, daß diese Novität zusammen mit P.callosum von einer Thailänder Orchideen-Exportfirma eingeführt worden war. Der Leiter dieses Betriebes, P.Sukhakul - nach ihm wurde die neue Art benannt - konnte Auskunft über Fundort und Standortsverhältnisse erteilen. Die eingeführten Exemplare wurden am Berg Phu/Luang in der Provinz Loei in Nordost-Thailand gesammelt..."

aus: "Schöne und seltsame Welt der Orchideen" von Friedrich Ebel, 1971:

 
 
 
 
     
     

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